Interview Michael Korden, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion seit 01.03.2022, mit der Rhein-Zeitung
Seit 1965 wurde der Kreis Ahrweiler von CDU-Landräten geführt. Jetzt hat mit Cornelia Weigand eine parteilose Frau den Chefsessel im Kreishaus eingenommen. Der Kandidat der Christdemokraten, Horst Gies, machte im Januar das Rennen nicht. Auch bei der jüngsten Bundestagswahl haben die Christdemokraten nach 2017 (-8,2 Prozent) die nächste Klatsche bekommen. Was ist passiert mit dem schwarzen Landkreis in Rheinland-Pfalz? Die RZhat Fragen an den neuen Fraktionsvorsitzenden im Kreistag Michael Korden aus Adenau, der für einen Generationswechsel in der Partei steht.
Sind die Zeiten vorbei, in denen der Norden des Landes Rheinland-Pfalz als sichere Hochburg für die CDU, die im Kreis Ahrweiler rund 1600 Mitglieder hat, galt?
„Es gibt für uns keine Abos mehr, und das ist überall so. Die Bindung an die Parteien hat abgenommen. Es gibt mehr Wechselwähler. Wahlergebnisse unterliegen oft kurzfristigen Stimmungen. Parteilos ist bei Direktwahlen dagegen angesagt, wird von vielen derzeit als ideal empfunden“, so Michael Korden, der auch die Personaldebatte zwischen CDU und CSU um die Kanzlerkandidatur mit dafür verantwortlich macht, dass der Unmut gewachsen ist. Es habe Austritte wegen Laschet gegeben. Er selbst favorisierte Friedrich Merz, hätte auch mit Norbert Röttgen besser leben können als mit Armin Laschet. Eine spätere Diskussion im Kreisvorstand zur Frage der Kanzlerkandidatur sei dann deutlich in Richtung Markus Söder gegangen. Ein Ergebnis, das man seinerzeit unaufgefordert an die Unionsspitze in Rheinland-Pfalz weitergereicht habe. „Die Kandidatenfindung hat die Basis und die Stammwähler verärgert“, so Korden. Bei den jüngsten Landtagswahlen habe die CDU zwar auch Feder gelassen, aber Horst Gies habe als Direktkandidat mit 45,2 Prozent ein Ergebnis über Landesschnitt erzielt.
Unmittelbar vor der Bundestagswahl gab es die Hochwasserkatastrophe im Kreis Ahrweiler. Welchen Anteil hat Ex-Landrat Pföhler (CDU) mit seinem Verhalten in der Flutnacht am Stimmenverlust?
„Die CDU wurde danach in Mithaftung genommen“, sagt Korden, ohne die Rolle Pföhlers in der Flutnacht abschließend bewerten zu wollen. „Wir haben mit ihm zusammen ja auch gute Arbeit geleistet“, erinnert der neue Fraktionsvorsitzende an eine Vergangenheit in besseren Zeiten. Ob Horst Gies, der als Erster Beigeordneter stellvertretend die Amtsgeschäfte für Pföhler übernommen hat, dann der richtige Kandidat für die Nachfolge war? „Er kam direkt in Frage. Er ist anerkannt und beliebt. Wir haben auf seinen Bekanntheitsgrad gesetzt“, erklärt Korden.
Die Wähler haben anders entschieden. Sie wollten einen politischen Neuanfang. Was hat die CDU falsch gemacht oder vernachlässigt? War man sich zu sicher?
„Da kam alles zusammen – die Flut, der negative Bundestrend und bei vielen Parteienvertrossenheit mit der Überzeugung, dass die etablierten Parteien sowieso alles machen wie immer. Parteilos ist dann die naheliegende Lösung.“, so Korden.
Wie geht es jetzt weiter?
„Es wird eine neue CDU-Kandidatenliste für die nächste Kreistagswahl 2024 geben mit vielen jüngeren und neuen Gesichtern “, kündigt Korden einen Generationenwechsel an. Verdiente Mitglieder, die über 20 und mehr Jahre Aktivposten waren und maßgebliche Funktionen bekleidet haben, zögen sich aus dem Kreisvorstand und Kreistag zurück. Das sei allerdings im Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen auch mit einem Risiko behaftet, denn diese Altgedienten hätten verlässlich auch viele Stimmen auf sich vereinigt. „Jetzt muss sich die junge Generation bekannt machen“, so Korden.
Wie will man sich jetzt für die Zukunft aufstellen? Welche Themen sollen wie besetzt werden?
„Man muss die Wahlergebnisse als Auftrag zur Erneuerung, zur Modernisierung, aber auch Öffnung der CDU sehen mit einer stärkeren Mitgliederbeteiligung und einer CDU, die den Dialog mit dem Bürger sucht. Daran sollen nicht nur die Junge Union und die FrauenUnion, sondern auch die Senioren Union beteiligt werden“, so Korden. „In der Verbandsgemeinde Adenau gibt es im VG-Rat beispielsweise bereits eine Fraktion, deren Mitglieder überwiegend zwischen 35 und 45Jahren sind.“ Doch Korden weiß auch, dass es eine Herausforderung bleibt, in den Gründerjahren zwischen Hausbau und Familie noch Zeit aufzubringen, in einem solchen Ehrenamt Verantwortung zu tragen.
Wie wird die Zusammenarbeit mit der künftigen Landrätin aussehen? Bei ihrer Amtseinführung merkte sie an, dass nun nicht die Zeit für politische Machtkämpfe sei. Sie braucht politische Mehrheiten. Wie soll die Zusammenarbeit aussehen, und welche Chancen gibt es für die CDU das eigene Profil zu schärfen?
„Machtkämpfe will und braucht keiner. Wir wollen alle vertraulich zusammenarbeiten und sind für ein offenesund unkompliziertes Miteinander “, so Michael Korden. Für die Fraktion sieht er die Chance, als Ideengeber in der eigenen Rolle im Kreistag selbstbewusst agieren zu können. ÖPNV, Schule, Kinderbetreuung, mittelständische Wirtschaft und Tourismus – das seien Themen, denen sich die CDU alltagsnah widmen wolle. „Der Kreis könnte auch ein Motor sein, wenn es um mehr interkommunale Zusammenarbeit geht. Und der Klimaschutz ist als Thema beim allem mitzudenken. Wir wollen im Kreistag keine Tagesordnung abarbeiten, sondern eigene Akzente setzen.“ Vor allem sei es wichtig, so Korden, die Anliegen junger Familien und ihrer Perspektiven in der Heimat abzubilden. „Eine Anregung von mir ist es, auf Ebene der CDU einen Arbeitskreis Junge Familie zu gründen.“